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    Movie 43
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Movie 43
    Von Christoph Petersen

    So etwas hatte die Welt noch nicht gesehen. 1977 mischten Regisseur John Landis („Blues Brothers") und das Parodie-Experten-Trio Zucker/Abrams/Zucker („Die nackte Kanone") mit ihrem vollkommen durchgeknallten Episodenfilm „Kentucky Fried Movie" die Kinoszene mächtig auf: von der Kritik verdammt, vom vornehmlich studentischen Publikum der Mitternachtsvorstellungen zum Kult erhoben. Etwas Ähnliches schwebte auch dem Filmemacher Peter Farrelly („Verrückt nach Mary") vor, als er mit seinem Produktionspartner Charlie Wessler die Episoden-Komödie „Movie 43" ins Rollen brachte: „Am Ende werden wir bei Rotten Tomatoes nicht mehr als 13 Prozent positive Bewertungen haben, aber das College-Publikum wird uns lieben!" Zwölf Jahre hat es gedauert, bis die Finanzierung endlich stand und eine All-Star-Besetzung zusammengetrommelt war, die in der Filmgeschichte ihresgleichen sucht. Das Ergebnis: eine extralange Ausgabe einer Sketch-Show im Stile von „Saturday Night Live" – nur eben viel, viel krasser! (Auch bei der FSK wird es einige Diskussionen gegeben haben, bevor der Film ab 16 und nicht ab 18 freigegeben wurde.) Doch hier werden nicht nur Tabus gebrochen, das kann schließlich jeder. Nein, die elf Episoden (plus Rahmenhandlung) von „Movie 43" sind meistens auch noch verdammt lustig - auf eine extrem finstere Art versteht sich. Und damit dieser Humor auch voll zum Tragen kommt, empfehlen wir folgendes Trinkspiel: Immer wenn ein euch bekanntes Gesicht auf der Leinwand auftaucht, kippt ihr einen Kurzen auf Ex. Aber die Alkoholleichen müsst ihr anschließend schon selbst wegräumen!

    „The Catch" (Regie: Peter Farrelly, „Die Stooges")

    Darum geht‘s: Eine Frau hat ein Blind Date mit einem fast perfekten Junggesellen – er ist reich, humorvoll, gebildet. Einziges Problem: der haarige Hodensack anstelle seines Kehlkopfs!

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Kate Winslet („Titanic"), Hugh Jackman („X-Men")

    Darüber haben wir gelacht: Sie freut sich, dass er endlich von selbst auf die Hoden an seinem Hals zu sprechen kommt: „Früher haben sich alle über mich lustig gemacht!" Aber dann passiert‘s doch wieder nicht: „Ich hab‘ wirklich schlimm gestottert. Es hat mich neun Jahre Sprachtherapie gekostet, um das loszuwerden." Das erinnert an Loriots legendären Sketch „Die Nudel" – allerdings auf Crack!

    „Homeschooled" (Regie: Will Graham)

    Darum geht‘s: Robert und Samantha unterrichten ihren Sohn zu Hause. Allerdings wollen sie nicht, dass er all die Erfahrungen verpasst, die man als Schüler einer Highschool so sammelt. Immerhin sind die Semester dort ja bekanntlich die einsamsten und unglücklichsten Jahre im Leben eines Teenagers...

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Liev Schreiber („Scream"), Naomi Watts („The Impossible")

    Das ist echt krass: Robert fesselt seinen Sohn mit Panzertape an einen Fahnenmast, beschmiert ihn mit Fäkalien und lässt ihn immer wieder den Satz wiederholen: „Erstsemester lutschen Schwänze!" Und auch Naomi Watts scheint keine Schmerzgrenze zu kennen – Stichwort: Inzest!

    „The Proposition" (Regie: Steve Carr, „Der Kaufhaus Cop")

    Darum geht‘s: Bei einem romantischen Picknick fragt Vanessa ihren Geliebten Jason, ob er nicht mal auf sie kacken wolle. Daraufhin versucht Jason im Gespräch mit seinen Kumpels herauszubekommen, was man als Vorbereitung auf einen solchen Anlass am besten zu sich nimmt: ein feines Mahl mit Rotwein oder einen mexikanischen Burrito?

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Anna Faris („Scary Movie"), Chris Pratt („Guardians Of The Galaxy")

    Darüber haben wir gelacht: Wenn schon Fäkalhumor, dann aber bitte auch richtig! Für den Dreh hat Steve Carr, der sich mit diesem Beitrag bewusst von seinem Image als Familien-Regisseur lossagen wollte, extra eine „leistungsstarke Kacke-Kanone" in Auftrag gegeben. Und wie man im Finale des Sketchs sehen kann, hat er die auch bekommen!

    „Veronica/CVS" (Regie: Griffin Dunne, „Zufällig verheiratet")

    Darum geht‘s: Supermarktkassierer Neil und seine Ex-Freundin Veronica führen ein letztes Trennungsgespräch, während der gesamte Laden über Lautsprecher zuhört: Erinnert an die finale Szene aus „Casablanca", nur ging es da irgendwie nicht darum, wer wem welche Geschlechtskrankheit angedreht hat.

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Emma Stone („The Amazing Spider-Man"), Kieran Culkin („Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt")

    Darüber haben wir gelacht: Deine oder meine Papillomaviren? Diesen Streit können auch wir nicht schlichten. Lustig finden wir ihn trotzdem!

    „Robin's Speed Date" (Regie: James Duffy)

    Darum geht‘s: Robin versucht sein Glück beim Speed Dating. Aber Batman versaut ihm immer wieder die Tour...

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Jason Sudeikis („Kill the Boss"), Justin Long („Stirb langsam 4.0"), Leslie Bibb („Iron Man"), Uma Thurman („Pulp Fiction"), Kristen Bell („Nie wieder Sex mit der Ex"), Bobby Cannavale („Die etwas anderen Cops")

    Darüber haben wir gelacht: Uma Thurman wird als Lois Lane von ihrem Ex-Freund Superman gestalkt. Und das kann ganz schön gefährlich werden. Denn wenn er sich vor ihrem Fenster schwebend einen runterholt, dann hat seine Ejakulation eine Power wie eine Schrotflinte.

    „Truth or Dare" (Regie: Peter Farrelly, „Unzertrennlich")

    Darum geht‘s: Beim Blind Date im mexikanischen Restaurant lassen sich die Flirtenden auf eine Runde „Wahrheit oder Pflicht" ein, die schnell aus dem Ruder läuft und in allerlei unschönen Schönheitsoperationen endet.

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Halle Berry („Catwoman"), Stephen Merchant („Hot Fuzz")

    Darüber haben wir gelacht: Leider über gar nichts. Einer von zwei Sketchen, der – trotz Halle Berrys Riesenbrüsten, mit denen sie Avocados zu Guacamole zerstampft - überhaupt nicht in Fahrt kommt.

    „Happy Birthday" (Regie: Brett Ratner, „Rush Hour")

    Darum geht‘s: Pete schenkt seinem Kumpel Brian zum Geburstag einen irischen Kobold. Der sitzt nun gefesselt im Keller, wo die beiden ihn so lange foltern, bis er - wie es sich für einen Kobold geziemt - einen Top voll Gold herausrückt.

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Gerard Butler („300"), Johnny Knoxville („The Last Stand"), Sean William Scott („American Pie")

    Darüber haben wir gelacht: Nach „Truth or Dare" der zweite Kurzfilm, dessen einzige Pointe leider gar nicht zündet. Zumindest sieht Gerard Butler als irischer Kobold ganz amüsant aus.

    „iBabe" (Regie: Steve Brill, „Little Nicky")

    Darum geht‘s: Der MP3-Player in Form einer nackten Frau entwickelt sich zum Verkaufsschlager. Dummerweise stecken aber immer wieder Jungs ihren Penis in die Vagina des Musikspielers – und genau da ist der Ventilator zum Abkühlen des Prozessors untergebracht...

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Richard Gere („Pretty Woman"), Kate Bosworth („Superman Returns"), Jack McBrayer („30 Rock")

    Darüber haben wir gelacht: Die simple, aber effektive Tagline, mit der die Marketinggenies doch noch die Kurve kriegen: „iBabe – Don't Fuck It!"

    „Middle School Date" (Regie: Elizabeth Banks)

    Darum geht‘s: Amanda bekommt ihre erste Menstruation ausgerechnet bei einem Date im Haus ihres Freundes. Der und sein älterer Bruder kommen mit der blutigen Situation jedoch überhaupt nicht klar.

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Chloe Grace Moretz („Kick-Ass"), Christopher Mintz-Plasse („Superbad")

    Darüber haben wir gelacht: Ein eingeblendeter Werbespots für Tampons: Zwei Frauen schwimmen im Meer. Eine von beiden wird auf ziemlich splatterige Weise von einem Hai zerfleischt. Welche von beiden hat wohl den besseren Tampon getragen?

    „Beezel" (Regie: James Gunn, „Super")

    Darum geht‘s: Amy ist sich sicher, dass der (Zeichentrick-)Kater ihres Freundes Amson etwas gegen sie hat. Und dann findet sie auch heraus, warum, denn sie ertappt den gezeichneten Vierbeiner dabei, wie er sich zu Amsons Badehosen-Fotos einen runterholt...

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Elizabeth Banks („Die Tribute von Panem"), Josh Duhamel („Transformers")

    Das ist echt krass: Nachdem er in den Schlafzimmerschrank gesperrt wurde, muss Beezel durch einen kleinen Schlitz mitansehen, wie sein geliebtes Herrchen mit der doofen Blondine Liebe macht. Um sich aufzuheitern, fickt er tränenüberströmt einen Teddybären, gleichzeitig rammt er sich als zusätzlichen Anreiz eine Stacheldrahtbürste in den Anus. So etwas trauen sich sonst allenfalls die „South Park"-Schöpfer Trey Parker und Matt Stone.

    „Victory's Glory" (Regie: Rusty Cundieff, „Tales From The Hood")

    Darum geht‘s: Der Basketball-Trainer hält eine Ansprache, bevor sein Team als erste afroamerikanische Mannschaft überhaupt zum großen College-Finale gegen eine rein weiße Mannschaft antritt.

    Für diese Stars gibt's `nen Kurzen: Terrence Howard („Empire")

    Darüber haben wir gelacht: Die schwarzen Kids haben Angst und erwarten von ihrem Coach eine emotionale, pathetische Ansprache in bester Hollywood-Erbauungskino-Tradition. Doch ihr Coach sagt nur: „Ihr seid schwarz. Die sind weiß. Das hier ist Basketball. Reckt ihnen beim Dunking einfach eure 45 Zentimeter langen Schwänze ins Gesicht!" Böse Stimmen behaupten, dieser Sketch täte mehr für die Black-Power-Bewegung als 99 Prozent aller Oscar-Köder-Produktionen zu dem Thema. Sie haben Recht!

    Fazit: Dreieinhalb Promille, aber glücklich! Die Macher von „Movie 43" erklimmen mit Leichtigkeit jeden noch so hohen Gipfel des schlechten Geschmacks und präsentieren so nicht nur die perfekte Trinkspiel-Steilvorlage, sondern auch einen potentiellen Midnight-Kultfilm. Aber Achtung: Moralapostel und andere Wächter des guten Geschmacks sollten besser draußen bleiben!

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